"An erster Stelle freue ich mich für Mehmet." Influencer wirken wirklich!


Liebe Freunde der schlauen Geldanlage und fetten Renditen, 

der Spruch: "An erster Stelle freue ich mich für Mehmet" hat es nicht nur in der Suchmaschine Google nach ganz oben geschafft. Er hat sich in der Jugendsprache offenbar fest etabliert und wird zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gern zitiert. Die Lehrer "oben inna Süd" wissen das sicherlich am besten! 

"An erster Stelle freue ich mich für Mehmet" stammt von Marcel Eris, der unter diesem, seinem bürgerlichen Namen kaum bekannt ist. Erwähnt man aber, dass von "Montana Black" die Rede ist, wissen mindestens alle unter 25-jährigen in Deutschland, wer das ist. Laut seines Eintrags bei Wikipedia hat er sich die stolze Gefolgschaft von über 2,6 Mio Fans bei Youtube bzw. über 2,9 Mio Fans bei Twitch aufgebaut (per 20. August 2020). Mit seinen wichtigsten Kanälen ist er bald nicht mehr weit von insgesamt 1 Mrd. (!) Aufrufen seiner Beiträge entfernt. 

In meiner Jugendzeit der 80er Jahre wurde ein i.d.R. weißer Imbisswagen - häufig gänzlich ohne eine Werbebotschaft - oft hinter einem 200er Diesel zum Ort des Geschehens gezogen. Das waren alle Dorf-, Feuerwehr- und Schützenfeste sowie weitere Feierlichkeiten der näheren Umgebung. Warum der Mercedes? Damals fielen offenbar noch mehr "Heiermänner" (ja, das waren die 5 DM Stücke!) an der Kasse vorbei als heute. Aus dem guten alten Imbisswagen ist heute der "Food Truck" geworden, in dem sich junge Männer mit langen Bärten an Quetschfleisch im Brötchen versuchen. Und wenn es denn kein "Food Truck" ist, dann immerhin ein Imbisswagen, der nicht mehr gezogen werden muss. So etwas gibt es in Buxtehude, wie in tausenden anderen Städten Deutschlands auch. Doch es gibt Unterschiede! Die Hansestadt Buxtehude ist die Heimatstadt von Montana Black. 


Die Ladenzeile am Torfweg am Sonntag Mittag

Mit "oben inna Süd" ist das Schulzentrum Süd der Hansestadt Buxtehude gemeint. Etwas weiter gefasst, kann man damit auch den gesamten Süden Buxtehudes bezeichnen. Eine beschauliche Gegend mit dem Trend zur Überalterung. Das Alter des Durchschnittskunden der Ladenzeile im Torfweg liegt bei ca. 68 Jahren (meine aktuelle Schätzung aus vielen Jahren Beobachtung). Die treue Kundin folgt oft ihrem Rollator, der ältere Herr, der noch stolz sein Auto bewegt, schiebt beim Aussteigeversuch immer zunächst seinen Krückstock aus der Autotür. Man kennt sich seit Jahrzehnten, grüßt sich. Warum schreibe ich hier über diese Szenen? An manchen Tagen gerät diese Beschaulichkeit völlig aus den Fugen. Das hat einen Grund: Der nennt sich "Montana Black" und ist einer der größten "Youtuber" gleich "Influencer" Deutschlands. Er ist in Buxtehude aufgewachsen und lebt hier wohl immer noch. Sein aktueller Hauptberuf: "Youtuber" bzw. "Influencer". Mit "Get on my lvl" hat er sich (oder sein findiges Beraterteam) ein weiteres Standbein in der Sportmode aufgebaut. Wikipedia über Montana Black. 

Jeder Markenartikler in Deutschland weiß, dass zum Aufbau eines ähnlichen Bekanntheitsgrades in seiner Zielgruppe i.d.R. Millionenbeträge über Jahre notwendig sind bzw. waren. In der klassischen Werbung nach dem "Push-Prinzip" wurden viel zu viele Streuverluste produziert. Daher verliert die Printwerbung. Große Plakate verlieren ebenfalls. Heute wählt der Verbraucher die Unterhaltung (Bewegtbild, gern sogar live TV via Stream), die ihm gefällt und lässt sich dort auch nur noch von Werbung unterbrechen, die ihm gefällt. Gute Werbung funktioniert daher heute nach dem "Pull-Prinzip". Der Konsument wählt sich seine (Werbe-)umgebung selbst und definiert selbst, wie hoch dort Werbeanteile sein dürfen. Die wenigen Youtuber, die es geschafft haben, sind quasi die modernen Rockstars einer veränderten Unterhaltungsindustrie.  

Wie wirkt Werbung im Internet? 

Immer, wenn Montana Black ankündigt, kurz zu einem Abstecher auf einen "Döner" zu Mehmets Imbisswagen zu kommen, verwandelt sich der beschauliche, ja manchmal etwas verlassene Torfweg mit seiner altbackenen kleinen Ladenzeile in Buxtehude Süd in ein Tollhaus. Bisweilen hunderte Führerscheinneulinge mit und ohne Migrationshintergrund führen ihre Autos aus zu einem Trip nach Buxtehude Süd zu Mehmets Dönerwagen. Manchmal dürfen auch schon die Freundinnen der Fahranfänger mitkommen. Sie alle eint die Hoffnung, einen Blick auf ihr Idol aus dem Internet erhaschen zu können. Geduldig steht die Jugend in langer Schlange vor dem Dönerwagen an. Dass die Fleischwaren vom Spieß osmanischer Bauart samt Dips von Mehmet durchaus gute Qualität aufweisen, interessiert wohl nur nebensächlich. Spannender ist da schon der Moment, wenn "Monte" tatsächlich mit seinem grasgrünen Lamborghini vorfährt. Mit einigen behutsamen Hinweisen auf seine Freizeitgestaltung, seinen Geschmack oder seine Essgewohnheiten, hat es Monte zu verantworten, dass "Ehrenbruder" Mehmet sicherlich in sehr kurzer Zeit wohlhabend geworden ist. Nächstes Projekt: Ein gemeinsames Restaurant mit Monte...

Tageblatt Artikel zu Monte am Torfweg 

Montana Black hat eine schwierige Jugend verarbeitet und verkörpert die deutsche Version von "From Rags to Riches". Er hat geschafft, wovon so viele junge Menschen derzeit träumen. 

Alle Werbetreibenden sollten sich sehr ernsthaft damit beschäftigen, was in den sog. sozialen Medien derzeit geschieht. Es ist traurig, dass Deutschland hier im globalen Vergleich völlig abgeschlagen ist und die großen Plattformen in den USA oder in Asien beheimatet sind. Wo ist unser Gründergeist geblieben? Warum haben wir offenbar eine ganze Generation zum Beamtentum erzogen? Ist DSGVO wirklich wichtiger als unternehmerischer Erfolg? Den Älteren unter uns sei gesagt, dass das Internet KEIN Neuland mehr für uns ist - vielleicht immer noch für unsere Kanzlerin. Am Beispiel des bundesweiten "Warntages" haben wir sehr deutlich erfahren müssen, dass es mit der Digitalisierung in Deutschland leider wirklich schlecht bestellt ist. Es ist so traurig. 

Sicherlich hat "Ehrenbruder Mehmet" Geld für die Werbung durch Montana zahlen müssen. Aber das wird das am besten angelegte Geld in seinem bisherigen Leben gewesen sein. Echte "Ehrenbrüder" eben, die Spaß am Unternehmertum haben.   

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Schon im August 2019 hat eine vom Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. in Auftrag gegebene Studie folgende interessante Ergebnisse erbracht. 63% der Befragten (Altersgruppe von 16-34 Jahre) gaben an, mehrmals täglich im Internet in Kontakt zu einem Influencer zu stehen. Einmal am Tag haben 48% der Befragten Kontakt zu einem Influencer. Rund 40% der Befragten bis 34 Jahre gaben an, bereits auf Empfehlung eines Influencers Käufe getätigt zu haben. 

Das gesamte Marktvolumen, das Influencer im Jahr 2020 in der DACH-Region generieren (erhaltene Marketingbudgets sowie Sachleistungen) wird laut STATISTA auf knapp 1 Mrd. EUR ! geschätzt. 

            

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